Pflege ist … – zwischen den Zeilen

Für mich ist Pflege ein ganzheitlicher Blick auf den Menschen mit einem Akzent auf der psychosozialen Betreuung. Das unterscheidet die pflege auch von der Medizin. Wir arbeiten der Medizin zwar oft zu und ohne uns würde die Medizin oft nicht weiterkommen, aber das gilt auch umgekehrt. Das sollte was Kollegiales sein.

Pflege ist auf jeden Fall etwas anderes als die Medizin, aber was genau, ist schwer in Worte zu fassen. Wir sind emotional näher dran. Wenn ich zwei Minuten stehen bleiben kann und Tränen, die bei meinem Patienten oder einem Angehörigen kommen, wahr- und ernstnehmen kann, dann ist es Pflege. Aktuell nervt ein Mensch, der weint eher, weil er mich von meiner Arbeit abhält. Aber das ist nicht das, was ich wollte. So naiv, wie es klingt, aber ich wollte helfen. Dazu zähle ich auch beraten, Stütze sein, Ängste nehmen vor OPs. Auch die Leute, die sich in der Klinik noch selbst versorgen können, sind in ihrem Alltags-, Berufs- oder Privatleben eventuell stark beeinträchtigt. Augenblicklich assoziiere ich mit Pflege hauptsächlich Frustration, Desillusionierung und Überforderung.

Für mich erhält der Beruf einen Sinn, wenn ich dann für einen Menschen da sein kann, wenn er mich braucht. Nicht davor und nicht danach. Und auch in der besagten Nacht, als wir das Ehepaar auf der kardiologischen Station betreuten und der Mann dann verstarb, ist die Frau besser damit zurecht gekommen, weil ich da war und weil ich mich so gekümmert habe, wie ich es eben getan hab. Das ist befriedigend und der Beruf hat dann einen Sinn. Diese Sinnhaftigkeit ist für mich sehr wichtig.

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