Pflege ist … – zwischen den Zeilen

Pflege ist nicht, das zu tun, was Ärzte tun.

Pflege ist nicht das, was ich an einem Haus lerne.

Wir haben hier durch die Generalistik schon lange den „Pflege bei“-Blick abgeschafft. Also zum Beispiel Pflege bei Apoplex. Wichtiger ist doch eher, was wir den Auszubildenden für ihre Einsätze als Auftrag mitgeben. Denn sie gehen ja alle woanders hin. Der Blick muss dann auf der pflegerischen Versorgung liegen und ich muss eine pflegerische Diagnose stellen. Körperpflege und Mobilisation unabhängig von der medizinischen Diagnose. Diese nehme ich dann als Bezugswissenschaft, um dann meine Pflegemaßnahme darauf abzustimmen. Das ist ein ganz anderer Weg des Denkens. Das ist ein Professionsdenken. Neulich erzählte mir einer von einem Besuch in der ambulanten Pflege der hinterher zu den medizinischen Diagnosen gefragt wurde. Seine Antwort war: „Medizinische Diagnosen brauch ich nicht. Ich gehe zu den pflegebedürftigen Menschen und schaue, was er von mir, also von der Pflege braucht. Und wenn ich was sehe, was ich nicht zuordnen kann, dann schaue ich nach, welche Diagnosen dem zu Grunde liegen. Aber das müssen nicht immer medizinische Diagnosen sein. Kann sein, dass es eine Sozialanamnese braucht oder was anderes. Oder ich muss meinen eigenen diagnostischen Blick schärfen. Was könnte es noch sein, was andere Therapieberufe noch gar nicht erkennen konnten, weil nur ich als Pflegeperson das kann“. Und so etwas finde ich geil. Und das macht eine eigene Profession aus. Einen Pflegeprozess wahrzunehmen, als das, was er ist. Das was ich hier tu, tut sonst niemand anderes. Es hat niemand anderes gelernt und es hat niemand sonst den Auftrag, es zu tun. Das ist das Tolle an dem neuen Gesetz. Und das müssen wir auch ins Feld tragen.

Wenn wir uns von der Medizin loslösen, dann ist das auch ein Prozess, der zunächst unsicher macht. Der Halt an der Medizin gibt ja immer erstmal Sicherheit. Aber die Pflege ist stark genug, den Weg allein zu gehen.

Im demografischen Wandel werden wir in zehn Jahren nicht mehr die Pflege machen, wie wir sie heute kennen. Die stationäre Akutpflege wird der geringste Teil sein, der größte Teil wird ambulant zu Hause versorgt, aber in diese Richtung machen wir heute kaum Ausbildung.

Es wird ja auch so empfunden, als wären schon viele „vom Bett“ weggegangen. Und da ist ja auch eine Wahrheit dran. Wenn die Leute die Strukturen nicht mehr aushalten oder die Kolleginnen oder das Kleingehaltenwerden, dann sind schon viele weggegangen. Vielleicht aus genau den Gründen. Aber viele von ihnen sind nicht aus der Pflege weggegangen. Sie sind jetzt in anderen Bereichen der Pflege, die enorm wichtig sind, weil sie jetzt die Möglichkeit haben, an den Strukturen zu arbeiten, Pflegende auszubilden oder der Profession eine Stimme zu geben.

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