das Torpedieren beginnt

Nach meinem langen Arbeitsleben als Postzusteller hab ich mir meinen Ruhestand ein wenig anders vorgestellt. Auf einem dieser Bauspielplätze, ohne Räder dafür mit Lenkrad und Hupe. Mal könnte ich ein Feuerwehrauto sein, dann wieder ein Rennauto oder Teil einer Zirkusvorstellung.

Doch mit Ruhe hat mein Ruhestand nicht viel zu tun.

Sie wollen reisen, reisen und reisen. Mit mir. Weil es hip ist mit uns alten Schachteln den Verkehr aufzuhalten.

Vor drei Jahren dann habe ich einen Entschluss gefasst: Torpedieren. Um jeden Preis.

Die Idee kam mir recht spontan, als ich aus einer langen Frankreichreise zurückkehrte und endlich meinen sehr wohl verdienten Feierabend anvisierte. Kaum war ich abgekühlt, folgte eine nächste Reise, quer durch Deutschland sollte sie führen. Sollte. Doch ich setzte alles daran, sie zu verhindern.

Zunächst ließ ich sie starten, der Schmerz ist größer und die Umstände trauriger, wenn die Reise mittendrin abgebrochen werden muss. So mein Plan.

Es war am heißesten Tag des Jahres 2016. Vielleicht war es auch nicht der heißeste Tag, das kann man ja gar nicht mehr sagen, genauso wenig wie der heißeste Sommer. Aber es war verdammt heiß und ich überhitzte mich ordentlich. Meine Fahrerin – eine passionierte und ahnungslose Autogebraucherin – trieb mich aus einem Taunustal am frühen Morgen (und es war trotzdem schon unerträglich heiß) den Berg hinauf, was für mich einer Verletzung der Fastoldiewürde gleichkam. Ich wollte nicht mehr fahren. Keinen Zentimeter. Ich verabschiedete mich von meinem Gaspedal und ließ das Mädchen ins Leere treten. Immer und immer wieder. Bis sie kapierte, “da geht nichts mehr”. Ich hatte meine Ruhe und einen Schattenplatz, sogar einen netten jungen Transporter, der mich in eine noble VW-Vertragswerkstatt bei Frankfurt fuhr. Auf dem Hof standen überall dicke Leasing-Schlitten der Frankfurter Finanzwelt. Nichts konnte mich von einem Nickerchen mehr abhalten, hier gäbe es für einen Bulli keine kompetente Person oder passende Ersatzteile, schon gar nicht in der Ferienzeit. Das Leben konnte so schön sein.

Plötzlich wurde ich aus meinem Schlummerschlaf gerissen, als ich doch in die Werkhalle gerollt wurde (“ich hätte die Gangschaltung und nicht das Gaspedal von mir trennen sollen…”, dachte ich und hob mir diesen Gedanken für später auf). Die Blaumänner interessierten sich nicht für mich. Dafür aber umso mehr einer der Hemdenträger, der doch tatsächlich sofort die Ärmel hochkrempelte und begann, an mir herumzuwerkeln. Dabei erzählte er von seinem Oldtimer. “Och nö”, dachte ich. “Sind denn diese Hobbyschrauber überall? Nicht mal in dieser Luxuswerkstatt bin ich sicher?” In weniger als einer Stunde war mein gebrochenes Gaspedal mit Rohrschelle und Kabelbinder wieder hergestellt. Und so viel kann ich verraten: Bis heute habe ich diese Fesseln nicht lösen können.

Doch ich bin noch nicht am Ende meiner Ideen….

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